2021 - InternationalesJahr gegen Kinderarbeit
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Du kannst Kinderarbeit stoppen!
Verantwortung wahrnehmen - Kinderarbeit stoppen!
Die COVID-Pandemie macht Erfolge im Kampf gegen Kinderarbeit zunichte. Laut einer ILO/UNICEF-Studie steigt die Zahl arbeitender Kinder erstmals seit 20 Jahren wieder an.
Ausbeuterische Kinderarbeit ist verboten – durch internationale Konventionen und nationale Gesetze vieler Länder. Dennoch gibt es sie. Viele große KonzerneUnternehmen haben sich freiwillig verpflichtet, etwas gegen Kinderarbeit zu unternehmen, allerdings folgen nach solchen Ankündigungen zu wenige konkrete Maßnahmen.

Müllsammelnde Kinder in Andhra Pradesh, Indien. Foto: MPSSS CDP
Kinderarbeit zerstört Zukunftschancen
Es ist daher Zeit für einen neuen, wirksamen Ansatz: Staaten wie Österreich und die Europäische Union tragen über ihre Importe von Produkten, in denen Kinderarbeit steckt, eine Mitverantwortung. Durch das Erlassen von Gesetzen können sie Unternehmen darauf verpflichten, „menschenrechtliche Sorgfaltsprüfungen“ vorzunehmen. Dadurch übernehmen sie Verantwortung dafür, dass die Menschenrechte – und dazu gehört das Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit – in globalen Lieferketten eingehalten werden.
Kinderarbeit verletzt die Rechte der Kinder auf eine Kindheit ohne Gewalt und Ausbeutung, zerstört Zukunftschancen, verfestigt Armut und verhindert eine nachhaltige Entwicklung.
Regierungen, Zivilgesellschaft und Wirtschaft müssen an einem Strang ziehen: Lassen wir Kinderarbeit Geschichte werden!

Ein Bub stellt Zuckerrohrsaft her. Foto: MPSSS CDP
2021: Das internationale Jahr gegen Kinderarbeit
Lobby für arbeitende Kinder – in Indien und Österreich
Warum müssen Kinder auf Assams Teeplantagen arbeiten – und was kann man tun, damit das aufhört?
Eigentlich ist es klar geregelt: Kinderarbeit ist in Indien per Gesetz streng verboten. Trotz aller Gesetze und Bestimmungen gehen schätzungsweise 25 Millionen Kinder nicht zur Schule und müssen schwer arbeiten. Auch in Gütern unseres täglichen Lebens steckt Kinderarbeit, etwa in einer guten Tasse Tee.
Warum kommt es auf den Teeplantagen Assams immer noch zu Kinderarbeit? Wie funktioniert dieses System von Ausbeutung und Unterdrückung? Noch gibt es viel zu wenig Informationen über die Art und Weise, wie die Anwerbung von Kindern unter Ausnutzung ihrer Armut erfolgt. Eine durch Sternsingerspenden aus Österreich finanzierte Studie bringt jetzt Licht ins Dunkel der Ausbeutung von in Teeplantagen beschäftigten Kinder
Mit diesen Informationen werden von den lokalen Partnerorganisationen zielgerichtete Programme zum Schutz dieser Kinder in die Wege geleitet und konkrete Alternativen und Wege zur Verhinderung von Kinderarbeit aufgezeigt.
Die Dreikönigsaktion setzt sich aber auch dafür ein, dass hierzulande gehandelt wird: Neben Bildungsarbeit zu nachhaltigem Konsum fordert das Hilfswerk der Katholischen Jungschar ein Gesetz, das Ausbeutung aus globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten verbannt.

Ravi, Teepflücker in den Teegärten Assams
Westafrika: Kinderarbeit im Kakaoanbau
70% der Welternte von Kakao stammt aus Westafrika. Laut einem Bericht der Tulane Universität (USA) aus dem Jahr 2015 arbeiten alleine in der Elfenbeinküste und in Ghana mehr als zwei Millionen Kinder im Kakaoanbau. Am Beispiel Kakao lässt sich gut nachvollziehen, wie das Ansteigen von ausbeuterischer Kinderarbeit mit dem Verfall des Weltmarktpreises, oft durch Börsenspekulation verursacht, verbunden ist. Auf Grund des Preisverfalls waren erwachsene Erntehelfer/innen nicht mehr leistbar, deswegen wurde auf „billigere“ Kinderarbeit zurückgegriffen. Projektpartner/innen der Dreikönigsaktion beklagen auch immer wieder Fälle von Menschenhandel: Kinder werden aus entfernten Regionen mit falschen Versprechungen geködert und landen dann bei Schwerarbeit im Kakaoanbau.
Indien: Kinderarbeit in der Teppichproduktion
Indien ist weltgrößter Exporteur von handgewebten Teppichen, die auch bei uns im Handel erhältlich sind. Allein im sogenannten Teppichgürtel arbeiten rund 200.000 Kinder als Teppichknüpfer/innen. Viele Kinder erleiden durch die Arbeit an den Webstühlen dauerhafte Gesundheitsschäden, die Wollfasern belasten ihre Atemwege, die Chemikalien zur Behandlung der Garne führen manchmal zu Vergiftungen, die lange Arbeit in gebeugter Haltung beeinträchtigt Muskeln und Knochen. Nur jedes dritte Kind, das in der Teppichindustrie arbeitet, besucht die Schule. Die Dreikönigsaktion unterstützt in Indien Partnerorganisationen, die sich für die arbeitenden Kinder einsetzen.
Fakten und Hintergründe
Was ist das Problem?
Laut Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) müssen 152 Mio. Kinder weltweit regelmäßig mehrere Stunden täglich arbeiten – davon 73 Mio. unter gefährlichen und ausbeuterischen Bedingungen. Sehr oft verhindert die Arbeit der Kinder einen regelmäßigen Schulbesuch und schädigt in vielen Fällen die gesunde Entwicklung des Kindes.
Wir setzen uns dafür ein, ausbeuterische, gefährliche und schädliche Kinderarbeit zu stoppen.
Ist ausbeuterische Kinderarbeit nicht ohnehin verboten?
Ja, internationale Konventionen (z.B. UN-Kinderrechtskonvention, ILO-Konvention 182 gegen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit) und nationale Gesetze vieler Länder verbieten ausbeuterische Kinderarbeit.
„Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes an, vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und nicht zu einer Arbeit herangezogen zu werden, die Gefahren mit sich bringen, die Erziehung des Kindes behindern oder die Gesundheit des Kindes oder seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale Entwicklung schädigen können.“
(UN-Kinderrechtskonvention von 1989, Artikel 32
Nichtsdestotrotz ist Kinderarbeit nach wie vor ein weit verbreitetes Phänomen. Dabei kann Kinderarbeit nicht als isoliertes Problem gesehen und angegangen werden. So ist es etwa unabdingbar, daran zu arbeiten, dass Familien ein ausreichendes Einkommen haben, um Kindern einen Schulbesuch zu ermöglichen. Die von der Staatengemeinschaft im Jahr 2015 beschlossene Agenda 2030 mit den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung bietet einen exzellenten Referenzrahmen, um insgesamt voran zu kommen. Es ist ein explizites Ziel (SDG 8.7), die (schlimmsten Formen von) Kinderarbeit abzuschaffen.
Es mangelt nicht an allgemeinen Verboten und Absichtserklärungen, jedoch an effektiven Maßnahmen zur Beendigung von ausbeuterischer Kinderarbeit.
Warum würde die gesetzliche Verankerung von Sorgfaltspflichten helfen?
Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten wurden durch die Arbeit des ehemaligen UN-Sonderberichterstatters zu Wirtschaft und Menschenrechten, John Ruggie, zu einem anerkannten internationalen Standard. Es geht dabei im Kern darum, dass Unternehmen Verantwortung für die menschenrechtlichen Wirkungen ihrer unternehmerischen Aktivitäten übernehmen. Diese Verantwortung erstreckt sich auch auf die internationalen Liefer- und Wertschöpfungsketten von Unternehmen.
Wie diese Verantwortung geartet ist, bestimmt sich durch das Wirken und den möglichen Einfluss eines Unternehmens und endet nicht an den engen Grenzen der Unternehmensstruktur. Vielmehr ist es notwendig, dass Unternehmen mittels einer Sorgfaltspflicht auch Verantwortung für indirektes Wirken im Rahmen ihrer Tochter- und Zulieferunternehmen übernehmen. Dafür sollen sie ein menschenrechtliches Risikomanagementsystem (Human Rights Due Diligence) etablieren, das die tatsächlichen und möglichen menschenrechtlichen Auswirkungen ihrer unternehmerischen Tätigkeiten auch in ihren Wert- und Zulieferketten abschätzt, wenn nötig Maßnahmen zur Vermeidung der festgestellten Risiken ergreift und transparent darüber berichtet. Kümmert sich ein Unternehmen gar nicht darum, unter welchen Bedingungen Produkte hergestellt werden und agiert ausschließlich nach dem Prinzip „Hauptsache billig“, soll esfür die Verletzung seiner Sorgfaltspflicht auch für die eingetretenen Schäden haftbar gemacht werden können.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat eine Reihe von Leitfäden zur Umsetzung sektorspezifischer Sorgfaltspflichten vorgelegt, um diese für Unternehmen praktisch handhabbar zu machen. Es gibt auch einschlägige OECD-Empfehlungen zur Beendigung von Kinderarbeit. Die OECD ist überzeugt, dass sich Unternehmen mit hohen Standards letztlich auch einen Wettbewerbsvorteil sichern und hält fest: „Zahlreiche multinationale Unternehmen liefern den Beweis dafür, dass die Beachtung hoher Standards bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit wachstumsfördernd wirken kann.“ (OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen, Abs. 6)
Durch die Etablierung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten im unternehmerischen Kerngeschäft entsteht auf alle Akteur/innen in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten Druck zum Handeln und zu mehr Transparenz. So wird auch wirkungsvoll gegen ausbeuterische Kinderarbeit vorgegangen.
Wo wurden menschenrechtliche Sorgfaltspflichten bereits gesetzlich verankert?
Es gibt bereits eine Reihe von Beispielen für die gesetzliche Etablierung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten auf europäischer und nationaler Ebene:
- Im Mai 2019 wurde in den Niederlanden ein Gesetz (Wet zorgpflicht kinderarbeid) verabschiedet, das Unternehmen Sorgfaltspflichten für die Verhinderung von ausbeuterischer Kinderarbeit in ihren globalen Zulieferketten auferlegt. Nach Inkrafttreten des Gesetzes müssen Unternehmen die Risiken über das Vorhandensein von ausbeuterischer Kinderarbeit erheben, zu deren Vermeidung beitragen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. » Mehr Infos
- Mit der 2017 in Kraft getretenen sogenannten Konfliktmineralien-Verordnung (2017/821) legt die Europäische Union erstmals bindende Sorgfaltspflichten für die Importeure von Gold, Zinn, Tantal und Wolfram fest. Dadurch soll vermieden werden, dass durch den Rohstoffimport bewaffnete Konflikte finanziert werden. Die Bestimmungen der Verordnung treten 2021 in Kraft und müssen national durchgesetzt werden.
- In Frankreich wurde 2017 mit dem «Devoir de Vigilance»-Gesetz erstmals in Europa eine allgemeine menschenrechtliche Sorgfaltspflicht für die ausländische Zulieferkette verbindlich festlegt. Unternehmen ab 5000 Mitarbeiter/innen müssen einen Sorgfaltsplan entwickeln, der menschenrechtliche Risiken des Unternehmens, seiner Filialen und Zulieferbetriebe identifiziert und angemessene Sorgfaltsmaßnahmen zur Verhütung von Menschenrechtsrisiken bestimmt.
- In Großbritannien wurde 2015 der Modern Slavery Act beschlossen. Das Gesetz richtet sich gegen moderne Formen von Zwangsarbeit und Menschenhandel und verpflichtet große Unternehmen dazu, über diesbezügliche Risiken in ihrem Unternehmen sowie in der Lieferkette zu berichten und darzulegen, welche Schritte sie ergriffen haben, um diese Risiken zu bewerten und angemessen zu reagieren.
Initiativen zur gesetzlich verbindlichen Verankerung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten – zumindest für einzelne Hochrisikosektoren – gibt es u.a. in der Schweiz, den Niederlanden und Deutschland. Mit dem Sozialverantwortungsgesetz liegt auch dem österreichischen Nationalrat ein entsprechendes Gesetz für die Textil- und Bekleidungsbranche vor.
Österreich hat in Sachen Wirtschaft und Menschenrechte Nachholbedarf: Das UN-Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat Österreich im Jahr 2013 explizit aufgefordert, die Auslandsaktivitäten österreichischer Unternehmen stärker zu regulieren und zu kontrollieren. Seither ist diesbezüglich wenig passiert. Ein entsprechender nationaler Aktionsplan zur nationalen Umsetzung der UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten ist weiterhin ausständig.
Seit dem Jahr 2014 läuft auch auf UN-Ebene ein Prozess zur Erarbeitung eines Abkommens zu „Verantwortlichkeiten transnationaler Unternehmen und anderer Wirtschaftsunternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte“. Die fünfte Sitzung der entsprechenden zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe hat im Oktober 2019 einen Vertragstextentwurf diskutiert, der u.a. das Erlassen einer nationalen Gesetzgebung zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in den Vertragsstaaten vorsieht.
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